Prenzlauer Berg 2007
SCHACHBOXEN KEHRT HEIM: EIN RASANTER ABEND VOLLER SUPERLATIVE.
Selbst der Dauernieselregen konnte den ca. 600 Gästen im Platoon die
Laune nicht verderben. Mit gleich vier aufeinanderfolgenden Kämpfen
wurde schließlich einiges geboten. Das begeisterte Publikum sah an
diesem Abend nicht nur den ersten Nachwuchskampf zwischen den jüngsten
Schachboxern, die sich je im Ring gegenüberstanden, sondern wohl auch
die bis dato fieseste Verletzung eines Schachboxers.
Sascha Wandkowski und Alexander Troll beäugen sich kritisch.
photo: Susanne Schuricht // © WCBO
Für Schachbox-Veteranen war es ein besonderer Moment, auf das Open Air Gelände der berliner Kommunikationsagentur Platoon zurückzukehren. Schließlich hatte hier im September 2003 der erste Schachboxkampf überhaupt stattgefunden.
Gut vier Jahre später, am 23. Juni 2007, ist der Chess Boxing Club Berlin wieder da, mit frischen Kämpfern und einer Menge Erfahrung.
Im Vorprogramm standen zwei Kämpfe auf der Agenda. Als erste waren die jungen Schachboxtalente Alec Hermann (32,5 Kg) und Dominik Lorenz (34 Kg) an der Reihe.
Dieser Kampf brachte nicht nur die jüngsten Spieler ans Brett und in den Ring, sondern führte auch zum bislang schnellsten Sieg in der Geschichte des Schachboxens. Alec Hermann überrumpelte seinen Gegner völlig, setzte Dominik innerhalb von 2 Minuten in eine Art Schäfermatt. Nach diesem überraschend schnellen Ende wurde dann doch noch eine Runde geboxt, um dem Publikum einen weiteren Blick auf die künftige Schachbox-Elite zu gewähren. (Fotos sind hier)
Der darauffolgende Kampf zwischen Alexander Troll und Sascha Wandkowski (Halbschwergewicht) musste ein Showkampf bleiben, da Alexander aufgrund einer Motorradveletzung noch nicht voll einsatzfähig war. Dies sah man dem Kampf jedoch nicht an. Sie lieferten sich bis in die 11. Runde ein hartes Gefecht. (Fotos sind hier) Doch dann kam Alexander in ernsthafte Zeitnot. Die Sekunden auf seiner Schachuhr rannten ihm davon und schließlich musste er sich geschlagen geben.
Sascha Wandkowski, der glückliche Sieger, hatte beim Schach konzentrierter und sicherer agiert. (Die Schachpartie ist hier)
Das Hauptprogramm startete mit einem dramatischen Kampf zwischen Hannes 'Hotzenblitz' Fritz (74 Kg) und Sebastian Bauersfeld (70 Kg). Hannes gilt mit seinen 31 Jahren als der Erfahrenere, Sebastian hingegen ist im Chess Boxing Club Berlin als 'das Konditionstier' bekannt. Hannes ging in der ersten Boxrunde direkt in die Offensive. Sebastian schaffte es, eine solide Position auf dem Schachbrett zu etablieren. (Die Schachpartie ist hier)
Alles sah nach einem ausgeglichenen Schlagabtausch aus. Doch dann geschah das Unerwartete. Nach einer direkten Rechten und einem linken Haken gab Hannes Schulter bei der ungewohnten extremen Anspannung nach. Die Ringärztin diagnostizierte sofort ein ausgekugeltes Schultergelenk. der Kampf musste abgebrochen werden. Der Schock stand Sebastian noch ins Gesicht geschrieben, als er zum Sieger erklärt wurde. Doch nachdem Hannes im Krankenhaus veraztet wurde, dauerte es nicht lang bis er wieder am Ring stand, mit einem Bier in der Hand. Nicht umsonst wird Hannes auch 'der Unbeugsame' genannt. (Fotos sind hier)
Mit der hereinbrechenden Dämmerung wurde der Gong zum letzen Kampf des Abends geschlagen. Die zwei schwergewichtler David Steppeler und Sebastien Aubriot stellten sich der ersten Schachrunde. Bereits in der zweiten Runde kamen beide sichtbar ins Schwitzen. 'Dare Dave' jagte seinen Gegner mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit durch den Ring. (Fotos sind hier) Sebastien wurde klar, dass er auf dem Schachbrett alles geben musste. Und spielte dann auch ein cleveres und durchdachtes Spiel, während David ihn in den Boxrunden weiter bedrängte und versuchte, ihn physisch wie mental aus dem Gleichgewicht zu bringen. Doch Sebastien, obwohl schwer getroffen, hielt durch und schleppte sich ein letztes Mal ans Schachbrett, wo er wenige Züge vor einem Sieg stand. David, der auf Zeit hätte spielen können um beim Boxen eine weitere Chance auf ein K.O. zu bekommen, erkannte seine aussichtslose Lage auf dem Schachbrett und gab sich geschlagen. (Die Schachpartie ist hier)
Susammen mit Sebastian Aubriot feierte die Menge im Platoon seinen Sieg bis spät in die Nacht.